Stella habe ich auf einem Gig im Stadtpark von Skopje kennen gelernt – dem ersten und letzten Auftritt meiner Oberschulenband in der Stadt.
Ich sitze an eine Weide gelehnt und kaue an einem Butterbrot, als wäre es mein letztes. Adrenalin pocht noch immer in meinem Kopf. Auf der Bühne spielen jetzt ein paar kleine Punker aus Skopje. Sie sind OK (bis auf die Sprüche des Sängers an das Publikum, so nach der Art: Jetzt werden wir euch ficken, damit ihr mehr werdet). Um mich herum ist es dunkel. Auf etwa zehn Meter Entfernung bemerke ich eine weibliche Gestalt. Sie läuft direkt auf mich zu, mit sicheren mannequinhaften Schritten.
„Hallo, ich bin Stella, darf ich mich hinsetzen?“, fragt sie und fährt sich mit der Hand durchs Haar.
„Klar“, sage ich mit vollem Mund. „Ich heiße Fidel.“
„Komischer Name. Ist das dein Spitzname oder…“
„Mein richtiger“, unterbreche ich sie. Ich bin die Frage gewohnt. Ich weiß nicht, warum ich sie bei einer so harmlosen Sache belügen muss.
Sie ist ein bisschen größer als ich, mit blassem Gesicht und hoher Stirn, die von schwarzen, geraden Ponyfransen bedeckt ist. Sie trägt ein graues T-Shirt mit dem lächelnden geschminkten Gesicht von Robert Smith, eine enge blaue Jeans, die ihr toll steht, und rote Chucks-Stiefel, genau wie meine, nur etwas neuer.
„Ihr wart super.“
„Hätte besser sein können“, sage ich und bereue es gleich. Sie wird mich für einen Angeber halten.
„Hier kommt deine Band.“
Tiger und Vasko laufen vorbei. Der erste winkt mit seinen Trommelstöcken, der andere schneidet eine komische Grimasse. Ich weiß, was sie denken, und mir ist’s unangenehm.
„Und du – wo sind deine Freundinnen?“
„Ich bin alleine. Das heißt, ich bin mit einer Kusine da, aber ich habe sie verloren.“
Sie fragt nach einer Kassette. Ich gebe ihr eine.
„Willst du ein Bier?“
„Gerne.“
Ich hole zwei Dosen aus dem Rucksack. Sie sind warm. Eine Weile lang schweigen wir. Woran sie wohl denkt? Sie gefällt mir. Sehr. Ich beobachte sie – wie sie trinkt, wie sie die Zigarette hält, wie sie ihr Haar in den Mund nimmt. Dann erzählt sie, dass sie in der Nähe des Olympischen Schwimmbads wohnt, aufs Gymnasium geht, Bildhauerin werden möchte, und dass ihr Vater vor vier Monaten gestorben ist. Ich will ihr etwas sagen, weiß aber nicht was. Ich fange an, sie langsam am Hals zu küssen, der so weiß ist wie der Marmor aus Prilep.
„Du hast ein tolles Parfum, I love you, je t’aime“, singe ich leise in ihr Haar. Sie lacht laut und ansteckend.
„Stella – das heißt doch Stern, oder?“
„Genau, auf Lateinisch.“ Eine kurze Weile hält sie inne, dann macht sie ein ernstes Gesicht und sagt: „Mein Vater hat mich Stella Maris genannt.“
„Seestern“, übersetze ich überflüssigerweise und nehme einen tiefen Zug von der Zigarette. Ich bekomme einen Hustenanfall, sie klopft mir auf den Rücken.
Es wird hell, wir sitzen noch auf einer Bank am kleinen See. Ich begleite sie zur Haltestelle Rekord, schleppe mich dann, mit bleischwerer Gitarre, zur Gradska. In meinen Ohren hallen die Worte wider: Seit acht Monaten habe ich einen Freund, er macht seinen Wehrdienst. Sie drückt mich fest, bevor sie in den Bus steigt; nach ihrer Telefonnummer habe ich nicht gefragt.
Studieren will ich, ich weiß aber nicht was. Eine Idee jagt die nächste. Ich begeistere mich für Regie, für Philosophie, und zum Schluss, zehn Tage vor Immatrikulationsfrist, entscheide ich mich für die Philologische Fakultät: Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft. Nicht, dass ich viel gelesen hätte, aber ich habe in den schriftlichen Prüfungen gut abgeschnitten, und außerdem sagt man mir, dass dort neunzig Prozent Frauen sind. Zu meiner großen Überraschung werde ich ohne Probleme angenommen, ich rangiere sogar unter den ersten in der Liste. Ich entscheide mich für ein Vollzeitstudium. Auf ein Loch im Wohnheim „Stiv Naumov“ habe ich keinen Bock, und die privaten Mieten sind mir zu teuer. Schließlich wähle ich die wohl blödeste Lösung: Jeden Tag mit dem Bus nach Skopje reinfahren.
Es ist der sechste Oktober, drei Tage nach dem Attentat auf Gligorov.[1] Ich sitze auf der Treppe, lese Zeitung und warte auf die erste Vorlesung von Urošević.[2] Plötzlich bedecken weiche Hände meine Augen. Die Hyazinthennote im Parfum kenne ich doch. Du hast mich wegen deinem Namen belogen, du Schweinehund, flüstert die Stimme, damit ich sie nicht gleich erkenne. Ich drehe mich krampfhaft um. Sie ist jetzt brünett und trägt eine Brille mit kaffeefarbenem Rahmen. Sie hat die gleiche schneeweiße Haut; ihr Gesicht ist etwas länglicher; sie wirkt irgendwie reifer, seriöser.
„Hey Stella, was machst du denn hier?“
„Na, Zoran, jetzt sind wir Kommilitonen!“, sagt sie mit kindlichem Stimmchen und lächelt über das ganze Gesicht.
„Wie denn das, das kann doch nicht…“, ich gerate ins Stottern.
„An der Kunstakademie haben sie mich nicht genommen. Hier habe ich mich beim zweiten Termin eingeschrieben. Deshalb hast du mich bei der Aufnahmeprüfung nicht gesehen.“
Der Dozent kommt. Wir gehen in den Vorlesungssaal und setzen uns nebeneinander. Nach der Vorlesung lade ich dich zum Bier ein, schreibt sie auf einem Zettel, statt zu flüstern.
Sie führt mich in einen Jazzclub. Wir setzen uns in eine Ecke und bestellen. Am Tresen steht ein Typ, den man „Die schwarze Natter“ nennt. Wir lachen. Während ich ihr erzähle, wie ich mich mit Tiger zerstritten habe, wonach die Band praktisch auseinander gefallen ist, tritt ein Typ an den Tisch heran. Schwarzer Pulli, Brille und ein schwarzes Bärtchen spärlich wie ein Spinngewebe. Sie küssen sich. Im Stehen verkündet Stella theatralisch:
„Zoran, das ist Serge; Serge, das ist Zoran, der gerne Fidel genannt wird.“
„Sergej. Freut mich“, sagt er und reicht mir die Hand. Seine Stimme ist tief und klar. Er setzt sich und bestellt Brause für sich und für uns je noch ein Bier.
Serge ist ihr Freund. Der vom letzten Jahr. Studiert Elektrotechnik. Früher hat er in einer Rockband gesungen, jetzt spielt er Hirtenflöte; er ist Höhlenforscher, Aktivist eines Tierschutzvereins und Basketballspieler. Ein guter Mensch. Ich finde ihn gleich sympathisch und wir werden Freunde. Mit ihm fange ich an Basketball zu spielen, durch Höhlen zu kriechen, aber auch an Feiertagen regelmäßig in die Kirche zu gehen. Er ist Christ. Und richtig: Er trinkt nicht, raucht nicht, flucht nicht und gebraucht nicht unnötig den Namen des Herrn. Einmal im Monat quetschen wir uns zu dritt in seinen Käfer und fahren zu einem Kloster. Um hineingehen zu dürfen, müssen Stella und ich lange Hosen anziehen; wir müssen uns vor dem Eingang bekreuzigen, rückwärts laufend wieder hinausgehen und uns dabei nochmals bekreuzigen. Das ganze Ritual ist uns schon komisch, doch Serge besteht darauf. Aber immerhin, zu Nikolaus, Stellas Geburtstag, schlemmen sie und ich Kebabs und Bier, während er magere Bohnen und Fisch isst. Zum Geburtstag darf man das doch, der Herr wird es uns verzeihen, necken wir ihn. Er nimmt es uns nicht übel.
Einmal zum orthodoxen Dreikönigsfest stehen wir in der Menge auf der Steinernen Brücke und feuern Serge an, der unten im Boot sitzt, ausgezogen, bereit, sich in den Fluss zu stürzen, dem geweihten Kreuz nach. Stella bibbert vor Kälte und wärmt ihre Hände unter meinem Schal (sie trägt niemals Handschuhe). Sie starrt dabei ins Wasser und sagt:
„Ich liebe ihn“, und dann noch einmal, lauter: „Ich liebe ihn!“
Ich schweige.
Seine Eltern haben ein Wochenendhäuschen in Nerezi. Er und Stella verbringen den Sommer dort. Ich besuche sie nur einmal. Wir sitzen auf dem Balkon. Stella brät Quarklinge mit Eiern und Paprika. Nach dem Essen trinken wir Weinschorle. Er trinkt mit, freut sich sehr über meinen Besuch. Als der Pegel steigt, stimmt er byzantinische Lieder an. Seine Stimme zerreißt die Stille der Sommernacht, in den benachbarten Lauben gehen die Lichter an. Als sein Repertoire erschöpft ist, ist er schon sturzbetrunken. Ich bringe ihn ins Bett. Stella und ich machen mit Bier weiter. Mir ist, als ob sie irgendwas wurmt.
„Die Erzählungen aus Koreni habe ich dir ja vorgelesen“, sagt sie, während sie die Teller wegräumt.
„Und?“
„Ich werde dich mit Isakovski[3] bekannt machen.“
„Wer ist das?“ Ich tue, als würde ich es nicht wissen.
„Dein Zwillingsbruder.“
„Wir können unmöglich Zwillinge sein, er ist doch älter.“
„Willst du Kaffee?“
„Gerne. Mit anderthalb Löffeln Zucker.“
„Ich weiß.“
Sie geht hinein. Nach einer Minute folge ich ihr. An der Küchenwand hängen Ikonen. Ich gehe näher heran, um mir sie genauer anzusehen.
„Ich höre auf an der Uni“, sagt sie, während sie den Kaffee anrührt.
Ich denke, sie macht Witze. Ich weiß, dass sie für die Lateinprüfung lernt. Wahrscheinlich hat sie einfach die Panik gepackt.
„Wie weit bist du mit den Texten?“, frage ich, den Blick immer noch zur Wand.
„Du hörst mir wohl nicht zu… Ich bin nicht zurechtgekommen… Ich kann mich schlecht ausdrücken… Ich werde es doch an der Akademie versuchen.“
Sie fängt an zu weinen. Sie sieht aus wie ein kleines Kind. Ich wische ihr die Tränen aus dem Gesicht. Es ist rot und warm.
Der Kaffee kocht über.
Es wird Oktober. Sie fehlt. Wir hören viel seltener voneinander, unsere Treffen sind kurz und kalt, ohne den Zauber von früher. Was ist denn passiert? Stella und Serge fehlen mir beide. Ich verbringe die verhangenen Tage im Lesesaal. Gelegentlich gehe ich noch ins Café, wo wir früher stundenlang gesessen haben – Serge und ich spielen meistens Schach, Stella löst Kreuzworträtsel. Jetzt sind beide weg. Einmal begegne ich Serge auf einem Haustor-Konzert im Kulturzentrum. Er ist mit einem Freund da. Ich frage nach Stella. Es gehe ihr gut, sie arbeite ganz viel; das Studium habe sie dieses Mal ernsthaft angepackt. Er bringt Bier und verschwindet im Dunkeln.
Erst zweieinhalb Jahre später sehe ich die beiden wieder. Sie kommen zu meiner Abschlussfeier. Stellas Telefonnummer hat sich geändert, es ist nicht einfach gewesen, sie zu finden. Sie ist überrascht, dass ich mich melde und sie einlade. Whiskey und Blumen schenken sie mir. Dann, nach meiner ausgezeichneten Verteidigung zum beängstigenden Thema Der subjektive Zeitbezug im modernen psychologischen Roman, lade ich sie zum Mittagessen bei Zlate ein. Ich habe das Gefühl, dass alles beim Alten ist. Stella rühmt sich, schon an zwei Gruppenausstellungen teilgenommen zu haben.
„Gratuliere.“
„Und du, wie kommst du auf so ‘n Thema? Das ist doch nicht normal!“
„Hast du Joyce gelesen?“, fragt Serge.
„Na klar.“
Danach gehen wir zu ihm nach Hause. Ich dränge ihn, etwas auf der Hirtenflöte zu spielen, zum Beispiel das Volkslied Jano mori. Er spielt, und ich singe. Stella findet das zum Schreien. „Lasst uns eine Band gründen“, scherzt sie, „Ethnopunk!“, und klopft auf den Tisch. „Ich werde die Pauke schlagen.“
„Heute ist der elfte Juli. Die Sonne geht um fünf Uhr und siebzehn Minuten auf, Sonnenuntergang…“. Ich wechsele den Sender. Es ist heiß in der Ente. In der Mautstation sitzt Evto, ein Freund aus der Grundschule. Geld mag er nicht, wir geben uns einfach die Hand. Mein Handy klingelt. Ema.
„Wo bist du?“
„Bei Bunardžik. Taiwan lässt grüßen.“[4] (Ema ist Mitglied der Demokratischen Alternative.)
„Lass den Quatsch. Melde dich vor heute Abend noch mal, ja? Wir gehen ins Theater.“
„Geht klar. Ciao!“
Ich sage ihr, dass ich einen Termin beim Verleger habe. Zuerst gehe ich in den Buchladen Tabernakul, kaufe mir zwei Bücher (Meletinskys Poesie des Mythos und Romantische Agonie von Mario Praz), dann schaue ich bei Jugoton nach CDs. Ich nehme zwanzig Raubkopien mit. Ich will Stella eine CD schenken, sie soll sich eine aussuchen.
Sie wohnt in einer jener kleinen Skopioter Straßen, in denen die Zeit still zu stehen scheint. Einige Häuser stammen noch aus der Zeit vor dem Erdbeben.[5] Fast alle haben kleine Gärten mit Brunnen und Kletterrosen um die Tore und Balkone. Ich parke vor der Garage. Im Hof bastelt ihr Bruder Gorazd an einem Motorroller herum. Er freut sich, als er mich sieht. Wir begrüßen uns herzlich mit Küssen.
„Du bist gewachsen. Bald kriegst du einen Schnauzer.“
„Und du bist alt geworden, du hast weiße Haare.“
„Ist Stella zu Hause?“
„Sie ist unten, im Atelier. Stella!“, ruft er mit pubertierender Stimme. „Du hast Besuch von Fidelio!“ (so nennt er mich).
Sie kommt in einem orangefarbenen Overall heraus, der mit Ton verschmiert ist. Sie hat eine ganz kurze Männerfrisur. Um mich nicht schmutzig zu machen, gibt sie mir nur einen Kuss.
„Vorgestern habe ich von dir geträumt“, sagt sie.
„Wie geht’s dir?“
„Ach, ich weiß nicht. Es gibt bessere Zeiten. Und dir?“
„Ja, gut.“
„Gehen wir hoch. Es gibt Kirscheis.“
Sie schickt Gorazd Bier holen. Ich frage nach ihrer Mutter, der Tante Lila. Sie ist zur Kur. Über Serge kein Wort. Ich ahne schon, dass sie nicht mehr zusammen sind. Sie geht duschen. Gorazd kommt mit dem Bier wieder und jeder machte sich eins auf. Ich fühle mich prima. Ich frage nach der Schule. Zweites Jahr an der Gesamtschule; gefällt ihm gut. Eine Freundin hat er nicht. Stella bügelt ihm das Hemd. Er wird auf eine Geburtstagsfeier gehen und danach in die Disko. Ich sehe ihr interessiert zu, wie sie ihn zurechtmacht, seine Frisur mit Gel formt. Freunde kommen ihn abholen. Stella und ich gehen hinunter ins Atelier. Es gibt ausgezeichnete Skulpturen. Sie schenkt mir eine, und ich verspreche ihr, ein Gedicht zu schreiben. Plötzlich fallen mir die CDs ein. Ich gehe hinaus zum Auto und hole sie. Sie nimmt sich eine. Lick von den Lemonheads. Dann sprechen wir über Kunst, über die Wahlen… Sie fragt nach Ema. Ich antworte kurz und lustlos. Ich erinnere mich ans Theater und schalte mein Handy aus.
Hinter dem Haus gibt es einen wunderschönen Garten, eingezäunt an allen Seiten – keinen, der gehegt und gepflegt wird, sondern einen wirklich wilden Garten mit vielen selbst ausgesäten Kräutern und Sträuchern. In der Mitte steht eine Schaukel mit einem kleinen Transistor drauf. Wir setzen uns. Im nächsten Hof bellt ein Hund. Uns geht‘s gut. Um die Laterne herum tanzen Nachtfalter. Die ganze Szene atmet eine wundersame Magie. Auf einmal raschelt etwas im Busch, wahrscheinlich eine Katze; ich will Stella überzeugen, dass das der Zwerg Scarbo sein muss, oder vielleicht Oberon.
„Hoho, unser Künstler ist betrunken“, bringt sie durch ihr Gelächter heraus.
Ich halte ihre Hand. Ihre Haut hat jenes gut bekannte Weiß, das mich an ihr immer fasziniert. Als wenn die Sonne sie nie erblickt hätte. Die Haut ist rissig vom Ton. Ich halte es nicht mehr aus:
„Was ist mit Serge?“
„Gib mir ‘ne Kippe.“
Ich gebe ihr eine.
Sie sagt nichts, atmet den Rauch tief ein. Ihre Augen nehmen einen perligen Glanz an. Ich weiß, dass er nicht vom Rauch ist. Sie weint.
„Serge gibt es nicht mehr.“
Ich – stumm.
„Hörst du? Ihn gibt es nicht mehr. Er existiert nicht mehr. Jetzt gibt es nur noch Vater Kliment!“
Ich schweige. Ich habe keine Kraft, irgendetwas zu sagen. Ich denke an ihn. Jetzt schläft er bestimmt. Mönche gehen früh schlafen. Sie stehen vor den Hühnern auf, um zu beten.
Es ist tiefe Nacht. Der Hund hat längst aufgehört zu bellen. Radio Hundertdrei spielt Bauhaus.
Mit einer schnellen Bewegung zieht sie ihr T-Shirt aus.
Ich werfe meine Zigarette weg.
Über uns spendet das Kreuz auf dem Vodno-Berg ein sanftes Licht.
Kumanovo, Juli 2005
[1] Kiro Gligorov (1917-2012) war ein jugoslawischer und mazedonischer Politiker, Mitglied der jugoslawischen KP und erster Präsident der seit 1991 unabhängigen Republik Mazedonien. Am 3. Oktober 1995 wurde er im Zentrum der Hauptstadt Skopje Opfer eines mit einer Autobombe verübten Anschlags. Während ein Passant und der Fahrer des Präsidenten starben, überlebte Gligorov schwer verletzt. Täter und Motiv für den Mordanschlag konnten nicht ermittelt werden.
[2] Vlada Urošević (*1934), angesehener mazedonischer Literaturwissenschaftler und Autor.
[3] Igor Isakovski (*1970), mazedonischer Schriftsteller und Verleger (Verlag „Blesok“).
[4] Der Ich-Erzähler wohnt in Kumanovo, der drittgrößten Stadt Mazedoniens, etwa 40km nordöstlich von Skopje gelegen. Die Autobahn führt am kleinen Ort Bunardžik vorbei, wo die Regierung eine Freihandels- und Industriezone errichtet hat. Als diese Erzählung entstand, war das Projekt stark umstritten; Mazedonien hatte das international geächtete, aber reiche Taiwan anerkannt, um einen Kapitalzufluss in Gang zu setzen, und schon bald war von 1,5 Milliarden Dollar an Investitionszusagen die Rede. China, das als eines der ersten Länder das unabhängige Mazedonien anerkannt hatte, war entsprechend sauer. Es dauerte nicht mehr lange, bis der Deal platzte, und die Pläne für die Sonderwirtschaftszone Bunardžik auf Eis gelegt werden mussten.
[5] 1963 ereignete sich in Skopje ein schweres Erdbeben, das 1.070 Todesopfer forderte. Rund 75% Prozent der Einwohner verloren ihr Heim.
Aus der Fotoserie "Alger nooormal !" - Jean-Pierre Vallorani